Darum lösche ich die Luca-App nicht

Gut, aus der Überschrift geht schon hervor, dass ich die Luca-App trotz des Datenskandals nicht löschen werde. Ich möchte das aber aber in aller Kürze erklären. Dieses „schwarz-weiß“-Denken ist wirklich ein Problem geworden. Und ich denke, dass man sich vor einer Entscheidung mit den Details beschäftigen muss, um eine vernünftige Entscheidung treffen zu können. Da bin ich altmodisch.

Was ist überhaupt passiert?

Ein Mann ist vor einem Lokal gestürzt. Selbiger verstirbt später im Krankenhaus. Es gibt keine Zeugen. Deshalb wendet sich die Polizei an das Gesundheitsamt, und erfragt die Kontaktdaten der Luca-App für den fraglichen Zeitraum, um so Zeugen zu finden. Das Gesundheitsamt hat jedoch keine rechtliche Grundlage, diese Kontaktdaten der Polizei zu überlassen. Trotzdem übergibt das Gesundheitsamt die Daten für den infrage kommenden Zeitraum. 22 Personen werden auf diese Art von den Ermittlern als mögliche Zeugen festgestellt und befragt.

Mehr Details kann man im Web finden, oder direkt hier bei ntv

Illegale Verwendung der Daten

Gut, wir halten nochmal fest: Die Luca-App steht jetzt in der Kritik, weil die Daten vom Gesundheitsamt an die Polizei weitergegeben wurden.

Mal ganz sachlich: Die Betreiber der Luca-App tragen dafür gar keine Verantwortung. Denn das Gesundheitsamt hat Zugriff auf die Daten, und hat diese weiter an die Polizei gegeben. Und dies ohne rechtliche Grundlage. Und… ganz wichtig: Es betrifft nur 22 Personen in einem von der Polizei vorgegebenen Zeitraum.

Wir reden also erstmal nicht von der „Datenpanne“. Mal ganz salopp gesagt: Da ist was falsch gelaufen. Das Gesundheitsministerium hat sich dafür auch entschuldigt – und beim Uli Hoeneß hat das damals auch gereicht… und da gabs keinen Toten.

Was ich an dieser Stelle auch nochmal hervorheben möchte: Es kümmert übrigens niemanden, dass es hier einen Toten gegeben hat. Niemanden.

Wenn ich der Tote wäre …

… dann würde ich mir wünschen, dass die Polizei alles unternimmt, um aufzuklären, ob ich nicht vielleicht doch ermordet worden bin. Und meine Angehörigen würde das sicherlich auch interessieren, ob es ein Unfall oder ein Verbrechen war. War es letzteres, erwarte ich von der Justiz aktiv zu werden. Und weiter würde ich erwarten, dass das Gesundheitsamt die Daten zu möglichen Zeugen herausgibt.

Rechtlich mag es also keine Grundlage geben, aber wäre ich der Tote, würde ich mich bei der Mitarbeit des Gesundheitsamtes bedanken.

Ich könnte auch ketzerisch fragen: Was ist höherwertiger: Datenschutz oder – möglicher – Mord?

An der Stelle sei nochmals wiederholt: Die Polizei hatte keine bedingungslose Einsicht, sondern bekam nur Daten aus dem möglichen Zeitraum. Der Datenschutz war aus meiner Sicht soweit wie es möglich war, gewährleistet.

Luca-App als Tool erkennen

Wir erinnern uns: Die Luca-App ersetzt die Zettelwirtschaft in Hotels, in Gaststätten, im Einzelhandel… damit wir im Falle einer Corona-Infektion um uns herum gewarnt werden können. Genau das gilt auch nach wie vor.

Oder erwartet jetzt die Empörungsgemeinde, dass ich nicht mehr zum Essen gehe? Dass ich nicht mehr in Hotels einchecke, dass ich nicht mehr den Einzelhandel vor Ort betrete, dass ich nicht mehr das Kino besuche…?

Ganz im Ernst: Nur weil da ein paar Flummies in aufgelöster Panik in sämtlichen Social-Media-Kanälen die Löschung der Luca-App fordern, muss ich dem nicht nachkommen. Soll ich jetzt als 3-fach Geimpfter meinen Urlaub absagen, weil ich die Luca-App lösche? Ganz sicher nicht.

Kostenpunkt

Ja, klar. Man kann die Luca-App löschen, weil sie für mich als Benutzer kostenlos ist. Deshalb ist auch die Forderung nach der Löschung ganz einfach. Was ich nicht bezahlt habe, kann ich installieren, löschen, installieren, löschen…

Aber so ganz kostenlos ist das Ding dann auch wieder nicht. Denn da braucht es Hardware, Software, Programmierer, Support, und und und. Und das alles zahlt der Steuerzahler. Aktuell geht es um Lizenzgebühren in Höhe von 21 Millionen Euro. Wer möchte, der kann das hier auf netzpolitik.org nochmal in Ruhe nachlesen.

Am Ende ist es also so, dass ich das als Steuerzahler bezahle. Insofern ist die App und ihre Funktion also auch nicht kostenlos. Man hätte für die 21 Millionen Euro auch Schulen sanieren können, oder man baut das Glasfasernetz endlich mal aus, oder, oder, oder…

Was sind die Folgen?

Man muss mal ganz klar sagen, dass die Corona-Warn-App des RKI bestimmt schon 100 Mio. Euro gekostet hat, und eigentlich nicht viel bringt – weil sie kaum einer benutzt. Vor allem wird die Nicht-Nutzung mit dem mangelnden Vertrauen in die App begründet. Datenschutz und blablablabla. Und genau in diese Kerbe schlug dann die Luca-App.

Wir wollen also weder das eine nutzen, noch das andere. Aber die Zettelwirtschaft lehnen wir auch alle ab. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass wir die Kontaktverfolgung zur Unterbrechung der Infektionsketten auch ganz bleiben lassen können.

Datennutzung legal machen

Gedankensprung: Wie wäre es, wenn wir die Daten für begründete polizeiliche Ermittlungen freigeben?

Luca-App? Ja, bitte!

Ich werde die Luca-App weiterhin einsetzen, wo es möglich ist. Ich setze auch die Corona-Warn-App des RKI weiterhin ein. Und wenn das jemandem nicht passt, dann kann er/sie sich auch von mir fern halten – das minimiert auch die Ansteckungsgefahr.