Pressekonferenz vom 04.10.2022 frei interpretiert und aus dem Kontext gerissen

Habt ihr sie gestern gesehen? Die Pressekonferenz von Scholz, Wüst und Weil? Ich musste die Flut an Informationen erstmal sacken lassen. Ja, die Flut an Infos war groß, wenn man richtig zugehört hat. Und genau das sehen wir uns jetzt mal an.

Ist Dir zum Beispiel aufgefallen, dass während der gesamten Pressekonferenz niemand gesagt hat, dass die Gasversorgung im Winter gesichert ist? Es war ausschließlich die Äußerung „wird wohl gesichert sein“ ausgesprochen. Folglich gibt es eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass uns das Gas ausgehen wird, bevor der Winter vorbei ist.

Klar ist seit gestern auch, dass der Endverbraucher, also Du und ich, keinerlei finanzielle Hilfen mehr zu erwarten haben. Denn der Endverbraucher hat im Rahmen von drei Hilfspaketen bereits 95 Milliarden in Summe erhalten. Der Endverbraucher hat keine weitere Unterstützung mehr zu erwarten.

Und es geht noch weiter. Die 200Mrd. sind nicht für das laufende Jahr vorgesehen. Auch nicht für das kommende Jahr. Die 200Mrd. verteilen sich auf 2022, 2023, 2024 und 2025. Das bedeutet, das pro Jahr max. 50Mrd als Hilfen zur Verfügung stehen. Und diese Hilfen richten sich ausschließlich an Unternehmen – nicht an den Endverbraucher.

Ein Teil dieser 200Mrd soll durch „Zufallsgewinne“ finanziert werden. Diese Zufallsgewinne entstehen dadurch, dass der Strompreis mit dem Gaspreis verknüpft ist. Das bedeutet, dass die Strompreise künftig anziehen, und aus den hohen Strompreisen werden dann die Gashilfen in Teilen finanziert.

Aus der Logik heraus folgt, dass die hohen Gaspreise bleiben, und ein hoher Strompreis noch oben drauf kommt.

Der Bund hat sich gnädigerweise dazu bereit erklärt den Großteil der Hilfen zu finanzieren. Das kann der Bund auch locker stemmen, weil die Steuern die wir auf die hohen Preise zahlen, in die Staatskasse wandern.

Die Steuern auf Gas wurden jetzt für einen vorrübergehenden Zeitraum gesenkt. Aber da die Preise sich mehr als verdoppelt haben, kassiert der Staat hier viel mehr Steuern ab, als vorher.

Du kommst doch mit, oder? Oder weinst Du schon? Wir sind noch lange nicht fertig.

Die Inflation in Deutschland beträgt um die 10%. So kann man es hier nochmal nachlesen. Durch diese Geldentwertung muss jeder von uns für die gleichen Produkte erheblich mehr Geld bezahlen. Die Energiepreise sind natürlich führend, aber alles andere wurde auch teurer. Und durch diese steile Inflationsrate hat der Staat erneut erhebliche Mehreinnahmen generiert.

Die SPD hat sich kürzlich für die Anhebung des Mindestlohns gefeiert. Der Mindestlohn steigt von 10,45€ (Stand 01.07.2022) auf 12,-€ pro Stunde. Ich gönne jedem seine Lohnerhöhung. Wirklich. Und ich weiß auch, dass es im Vergleich zur Inflation und zu den Preissteigerungen im Energiebereich viel zu wenig ist. Trotzdem muss man leider sagen dürfen, dass der Staat sich hier auch eine „Lohnerhöhung“ gegönnt hat. Denn durch die Anhebung des Mindestlohns fallen auch mehr Steuern und Sozialabgaben an. In diesem Sinne kassiert der Staat also auch hier kräftig ab.

Wir können das jetzt drehen und wenden wie wir wollen. Tatsache bleibt, dass der Staat in der jetzigen Konstellation der Hauptnutznießer dieser Krise ist.

Dass, was ich jetzt lustig finde, ist, dass der Staat trotz Rekordeinnahmen, sich durch die „Hilfspakete“ wirklich pleite rechnen kann. Das ist wirklich beeindruckend.

Aber gut. Weiter im Text.

Die Bundesregierung lässt sich beraten. Das ist auch richtig so. Ich erwarte von keinem Politiker, dass er sich in seinem Fachgebiet wirklich auskennt. Aber das ist mal ein eigener Blogbeitrag.

Tatsache bleibt, dass die Bundesregierung bei der Leopoldina um eine Stellungnahme bzgl. der Energiesicherheit angefragt hat. Und diese hat sich auch dazu geäußert. Dank des zunehmend transparenten Staates kann man diese Stellungnahme hier selbst nachlesen.

Mir geht es jetzt im Schwerpunkt darum, dass die Leopoldina ausdrücklich nur Steuersenkungen auf Energieprodukte empfohlen hat. Es geht nicht darum, den Preis an sich zu senken – das entscheidet der Markt. Und wenn wir den Bogen wieder zurück zur Pressekonferenz spannen, dann haben Scholz und Co. nur das gemacht, was die Leopoldina empfohlen hat (siehe Fazit auf Seite 8). Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Und wir erinnern uns: Die Steuersenkungen für den Endverbraucher sind schon Beschlusslage und wurden auch schon in ein Gesetz gegeossen. Da kommt also nichts mehr. Da kann man einen Haken dran machen.

Im Handelsblatt kann man hier lesen:

Deutschlands Energierechnung ist 2021 von Januar bis November im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 58,7 Milliarden Euro gestiegen. Das entspricht einem Plus von 55 Prozent. Der Wert der Nettoimporte an Erdgas belief sich in diesem Zeitraum auf 23,1 Milliarden Euro, das war doppelt so viel wie von Januar bis November 2020.

23,1Mrd für Gas aus Russland. Deutschland stellt ab sofort bis zu 50Mrd. pro Jahr an Hilfen für Unternehmen zur Verfügung. Das ist mehr als doppelt so viel. Und wir dürfen nicht vergessen, dass die Hilfen zusätzlich bereitgestellt werden. Sprich: Die Gasrechnung im eigentlichen Sinn plus die zu erwartenden Hilfen für Unternehmen (Endverbraucher gehen wie gesagt leer aus). Daraus folgt, dass der Gaspreis sich jetzt verdreifachen kann, und trotzdem wird jedes Unternehmen durch die Staatshilfen weiter arbeiten können. Die Panikmache ist also eigentlich so lange unbegründet, wie wir Gaslieferungen erhalten.

Jaja, der Russe liefert kein Gas. Und genau deshalb werden an der Nordsee neue Anlagen gebaut, um Gas aus anderen Ländern via Schiff zu importieren. Und die Planungen als auch die Bauarbeiten laufen schon seit ein paar Monaten. Bis wir unser Gas also aufgebraucht haben, wird es im Frühjahr eine benutzbare Zwischenlösung an der Nordseeküste geben.

Die Kosten für die (zunächst wohl provisorischen) Gasterminals trägt in erster Linie die Privatwirtschaft. Sprich Unternehmen investieren. Der Bund gibt etwas dazu, das Land Niedersachsen sicherlich auch. Und ab Frühjahr gehts dann los mit Gasimporten via Schiff.

Der Import über Schiff ist aber deutlich teurer und deutlich umweltbelastender als via Pipeline. Und genau das werden die Gründe dafür sein, dass der Gaspreis am Ende eher nicht sinken wird. Im Gegenteil. Irgendwann werden wieder die vollen Steuern auf Gas fällig. Und dann ist es folglich zu erwarten, das der Gaspreis wieder steigen wird – steuerbedingt.

Die Leopoldina hat übrigens auch empfohlen, die erneuerbaren Energiequellen auszubauen. Dies lehnen wir in Deutschland allgemein hin ab. Deshalb haben die Bundesregierung als auch die Landesregierungen bislang nichts in diese Richtung unternommen. Jedenfalls wenn man von den gespielten, gegenseitigen Vorwürfen ab und zu absieht. Aber ein wenig Show gehört für den zahlenden Pöbel schon auch dazu. Teuer genug ist die Party dafür auf jeden Fall.