Wie konnte es soweit kommen?

So ging es los

Manchmal werde ich gefragt, wie es soweit kommen konnte. Soweit, wie es heute ist? Und dann sage ich immer die gleiche Antwort: Das Heute ist eine Verkettung ungünstiger Umstände in der Vergangenheit. Und genau so sieht es eben aus.

Mit 16 war mein Einstieg in das Berufsleben. Wie bei den meisten, begann das Disaster mit einer Ausbildung. Danach Zivildienst – ja, so alt bin ich schon -, danach unzählige Unternehmen. Und alle Unternehmen hatten aus meiner Sicht eine Sache gemeinsam: Missmanagement. Mit jedem verstreichenden Berufsjahr wurde ich wütender. Und mit jeder vorbeiziehenden Firma hoffte ich auf Besserung.

Aber es wurde nicht besser. Ganz im Gegenteil. Es wurde immer schlimmer. Es wurde sogar so schlimm, dass Mitarbeiter – Kollegen – sich darum bemüht hatten, mich zu bekämpfen. Je mehr Einsatzbereitschaft bei mir ans Tageslicht kam, desto schlimmer war das Feedback, welches daraus erwuchs.

Selber machen

Und dann, vor vier Jahren, war es dann soweit: Nicht mehr auf die Firma schimpfen, für die man arbeitet, sondern selber und besser machen. Es konnte doch nicht so schwer sein, ein Unternehmen zu gründen, und dann aufgrund von sinnvollem Management auch Fuß zu fassen, und das Geschäft dann wachsen zu lassen.

Aber anders als viele glauben, bin ich nicht ins kalte Wasser gesprungen. Denn alles was ich hatte waren Ideen und den Willen es gut zu machen. So gut, dass man später nur noch genau das machen würde. Darum habe ich ein Gewerbe angemeldet, und baute neben meiner hauptberuflichen Tätigkeit meinen eigenen Laden auf.

Wachstum

Vor etwas mehr als über einem Jahr habe ich dann meine hauptberufliche Tätigkeit von der 5-Tage Woche auf die 4-Tage Woche geändert. Ziel war es natürlich, einen vollen Tag mehr für das eigene Geschäft zu haben. Und siehe da: Es hat sich gelohnt. Im Vergleich: 2023 hatte ich 40% mehr Jahresumsatz als 2022. Ich musste also etwas richtig machen.

Das Gegenteil ist Trumpf

Aber was machte ich richtig? Nun, das war leicht. Ich habe immer das Gegenteil von dem gemacht, was die Unternehmensmanager vorgegeben haben. Kurz: Immer wenn ich den Eindruck hatte, an meiner Arbeitsstelle läuft etwas falsch, dann habe ich es bei meinem Gewerbe genau anders herum gemacht.

Wir müssen sparen = Ich habe in mein Unternehmen investiert

Lagerhaltungskosten senken = Ich habe ein Lager aufgebaut oder vorhandenes aufgestockt

Produkte werden abgekündigt = Neue Produkte und neue Dienstleistungen geschaffen, ausprobiert und bei Erfolg beibehalten

Dokumentation brauchen wir nicht = Einführung umfangreicher Dokumentation als Kundenservice

LEAN wollen wir nicht = Einführung von LEAN Management – und später kam noch Scrum dazu

Liefertreue ist ein Problem = Termine stets eingehalten und sogar Notfalltermine möglich gemacht

Wir brauchen mehr Statistiken = Welche Bürokratie brauche ich wirklich, und welchen Luxus gönne ich mir? Der Rest wird gar nicht erst eingeführt.

Ist immer alles gut gewesen?

Nein. Klares Nein. Ich hatte nur eine Ausbildung als Elektroniker zu bieten. Ich musste also viel lernen, um dorthin zu kommen, wo ich heute stehe. Wie schreibt man eine rechtsgültige Rechnung? Was ist Auftragsmanagement? Wie funktioniert sinnvolle Lagerhaltung und Lagerorganisation? Wie entscheide ich über Investitionen? Wie baue ich einen Kundenservice auf? Wie funktioniert Werbung?

Ich musste sehr viel lernen. Wirklich sehr viel. Und natürlich hatte ich auch Zeiten, in denen hatte ich nur sehr wenig Umsatz. Aber das gehört eben auch dazu, dass es mal eine Zeitlang nicht so gut läuft. Und dann muss man an sich arbeiten. Brauche ich ein neues Produkt? Habe ich irgendwo einen entscheidenden Fehler gemacht? Ja, auch ich habe Fehler gemacht. Aber anders als bei den meisten Unternehmen, habe ich aus den Fehlern gelernt. Und es gehört viel Selbstreflexion und Selbstkritik dazu, dass man sich selbst eigene Fehler eingesteht.

Wie geht es weiter?

Dieses Jahr werde ich die Hängematte des Arbeitnehmers verlassen. Richtig gelesen: Die Hängematte des Arbeitnehmers. Denn eines ist mir in den letzten Jahren auch klar geworden: Der Arbeitnehmer ist in einer der luxuriösesten Positionen überhaupt. Er muss nicht arbeiten, darf während der Arbeitszeit seinen eigenen Hobbys nachgehen und er darf auch den ganzen Tag Parteiwerbung in der Firma machen. Alles ohne Konsequenzen. Man darf auch seine eigene Lebensweise bis zum totalen Erbrechen immer und immer wieder durchkauen und so lange bewerben, bis andere Kollegen auf mich reinfallen. Trotzdem werden sie – die Arbeitnehmer – bezahlt. Sie sind sozialversichert und zahlen nur minimal Steuern.

Eben jene Hängematte des Arbeitnehmers möchte ich dieses Jahr verlassen. Ganz bewusst. Es ist an der Zeit nach vorne zu blicken.