Personalmangel zieht nach drei Jahren Pandemie durch alle Branchen und natürlich auch durch alle Berufe. Jeder ist heute überrascht, dass man nur schwer oder kein Personal mehr findet. Selbst Zeitarbeitsfirmen müssen inzwischen tief in die Tasche greifen, um Personal zu bekommen. Ein umsichtiges Unternehmen hätte das kommen sehen müssen. Alle anderen … sind nicht überrascht, sondern überfordert.
An Corona sterben durchschnittlich drei bis dreieinhalbtausend Menschen pro Monat. Bestätigte Neuinfektionen liegen bei (teils) weit über 50.000. Die Dunkelziffern dürften drei mal so hoch sein. Mindestens.
Wer Corona überlebt (und nicht ausreichend geimpft ist) hat gute Chancen an LongCovid zu erkranken. Die Statistiken geben diese klare Antwort, auch wenn man das vielleicht nicht glauben möchte. Aber rund 20% der Infizierten jeden Alters sind nach überstandener Krankheit nicht mehr schul- oder arbeitsfähig.
Gehen wir mal lieber von der Dunkelziffer aus. Denn das ist realistischer. Und das bedeutet, dass dem Arbeitsmarkt allein in Deutschland pro Pandemiejahr 500.000 Arbeitskräfte verloren gehen. Sie verschwinden ersatzlos. Durch Tod oder LongCovid.
Die gesamte Debatte um Personalmangel hat sich inzwischen auch schleichend verändert. Vielen ist es noch gar nicht aufgefallen. Überlegt mal: Es wird inzwischen weniger vom Fachkräftemangel gesprochen. Stattdessen wird immer öfter von Personalmangel geredet. Wir sprechen also darüber, dass wir gar kein Personal bekommen, und schon heute nicht mehr den Anspruch haben, Fachkräfte zu finden. Salopp ausgedrückt: Alles was Lesen, Schreiben, Rechnen kann, wird eingestellt. Ausbildung ist zweitrangig oder spielt gar keine Rolle mehr.
Glaubst Du jetzt nicht?
In Oberstdorf gibt es Hotel, in dem war ich vor vier Wochen. Während Corona hat das Hotel rund 50% Personal verloren. Deshalb kann das Hotel künftig nicht mehr wie zuvor weiterbetrieben werden. In Augsburg gibt es ein Hotel, welches große TV-Gräte aufgehängt hat, dass man sich aufgrund von wachsendem Personalmangel nicht mehr wie gewohnt um jeden Gast kümmern könne.
Übrigens ist das nicht nur ein deutsches Phänomen. Im Juli letzten Jahres, mitten in der Hochsaison, waren meine Frau und ich in Skandinavien (Norwegen, Schweden, Finnland, Dänemark) zu Gast. Wir wären da sehr gerne mittags mal schön essen gegangen. Das war allerdings nicht möglich, denn auch dort: Überall Personalmangel.
In einem großen Restaurant in Norwegen, das immerhin Getränke anbot, und das von riesigen Reisebussen – und das gleich zuhauf – angefahren wurde, fragten wir mittags nach einem Tisch. Wir bekamen als Auskunft, dass man seit Corona kein Essen mehr anbieten würde, weil Arbeitskräfte fehlen würden. Früher wären immer viele Saisonarbeiter aus Finnland gekommen, jetzt nicht mehr, und die Arbeitskräfte vor Ort könnten maximal ein belegtes Brot zaubern. Da entschied man sich künftig kein Essen mehr anzubieten. Mitten in der Hochsaison. Und das war nicht das einzige Beispiel. In einem Hotel in Schweden gab es nur eine Servicekraft, die trotz Urlaubs oder freien Abends arbeiten musste, da sonst niemand außer ihr mehr da war….. Das zieht sich quer durch Europa. Ich bin sicher, führe man in andere europäische Länder wäre es nicht anders.
Jaaa, das ist ja nur eine Branche. Man findet mich auf LinkedIn. Und dort habe ich vor einem Jahr etwa eine Anfrage von Personalern erhalten, obwohl mein Profil dort „nicht auf Jobsuche“ eingestellt ist. Am Ende des dritten Pandemiejahres habe ich zwei Anfragen pro Woche aus den verschiedensten Branchen. Andere, die in meinem Umfeld auf LinkedIn sind, können das gleiche berichten.
Mein Einzelunternehmen hat seinen Umsatz im Vergleich zum Vorjahr mit 5 multipliziert, obwohl ich nur halb so viel gearbeitet habe. Im Oktober und November habe ich sogar durchgehend gar nichts für mein eigenes Unternehmen gearbeitet.
Wir schreiben auch das Jahr 2023. Das heißt die Babyboomer haben bereits angefangen in Rente zu gehen. Das wird in vielen Unternehmen dazu führen, das im laufenden Jahrzehnt bis zu 30% der Beschäftigten in Rente gehen und somit ersatzlos wegfallen.
Ich denke, dass das laufende Jahrzehnt mit so vielen Pleiten enden wird, wie nie zuvor. Und das trotz voller Auftragsbücher. Aber ein Unternehmen ohne Mitarbeiter geht kaputt. Hinzu wird die Faustregel gelten: Je größer, desto anfälliger ist das Unternehmen. Stellt euch mal BMW München mit 30 Prozent weniger Personal vor … die bauen dann keine Autos mehr. Nicht zu schaffen.
Unternehmen, welche diese Krise überleben wollen, werden viel mehr in die Beschäftigten reinhorchen müssen. Sie werden auf Verbesserungsvorschläge reagieren müssen. Es wird LEAN-Management eingeführt … LEAN Management wird als eigenständige Abteilung eingeführt werden müssen, um die Betriebsblindheit vom Rest der Belegschaft zu überwinden. In den kommenden zehn Jahren ist einfach kein Platz mehr für vorsätzliche Verschwendung.