Maulkorb für Trump wirft Fragen auf

Gut, das Wichtigste zuerst: Ich bin kein Trump-Fan. Im Gegenteil. Ich halte auch die Sperre bei Facebook und Twitter für Gerechtfertigt und Seitens Trump hart erarbeitet.

Trump + SocialMedia = Wer ist hier der Boss?

Ja, Trump hat zum Angriff auf die Demokratie geblasen. Das kennen wir in Deutschland auch. Nämlich von der AfD. Die AfD hatte Leute in den Bundestag eingeschleust, um demokratisch gewählte Politiker zu belästigen / anzugreifen. Strafen gab es meines Wissens keine. Die AfD könnte aber die Vorlage für Trump gewesen sein. Was im alten Deutschland funktioniert, funktioniert auch in den USA. Und das hat es ja dann auch. Es gibt durchaus Parallele. Terrorismus. Ich würde das so einstufen.

Nun, jetzt ist es so, das Plattformen wie Facebook und Twitter den Stecker ziehen können. Und von dieser Macht wurde auch Gebrauch gemacht. Das könnte aber mit jedem passieren. Also wirklich jedem. Wenn die Unternehmen also nicht nur die Meinungsbildung beeinflussen, was sie aus meiner Sicht zweifellos tun, dann können die Folgen von der Entscheidung nach „Sperrung“ oder „weiter machen lassen“ noch ganz andere Ausmaße nach sich ziehen.

Natürlich ist so, das es weltweit einen Gesetzesdschungel gibt. Nicht zuletzt hat der Gesetzgeber versucht, den Plattformen vorzuschreiben, was sie dürfen, und was nicht. Deutschland mischt hier mit dem NetzDG und die EU mit der DSGVO ganz vorne mit. In diesem anhaltenden Machtspiel ist längst nicht mehr so ganz klar, wer der Jäger, und wer der Gejagte ist.

Also, worum geht es? Wenn jemand von Wahlbetrug spricht, dann ist das erst Mal eine Meinung. Wenn dies dann eskaliert, dann sperren die Bosse von Facebook, Twitter und Co den jeweiligen Account.

Ein Gedankenspiel: Die Bosse der Plattformen wären auf der Seite von Trump. Was wäre wohl passiert, wenn Biden & Co der Zugang gesperrt worden wäre? Zweifellos wäre die Empörung genau so groß. Nur eben auf der anderen Seite der Macht.

Üblicherweise ist es so, das wenn ein Benutzer auf den Plattformen gesperrt wird, ein ganzes Heer von Befürwortern die Freischaltung auf Facebook und Twitter und … fordert. Nicht immer werden die Accounts wieder freigeschaltet. Nicht immer kriegen wir das in diesem Umfang wie jetzt mit.

Es gibt mit dem Stand heute zu wenig Dienste dieser Art. Also Social-Media Plattformen. Würde es mehrere geben, dann würde sich die Macht nicht auf diese Art konzentrieren, wie es derzeit der Fall ist. Trump hat auf Twitter 88,5 Mio. Follower. Gäbe es 10 solcher Plattformen wie Twitter, dann gäbe es eine Aufspaltung der Macht. Dem ist aber nicht so.

Man kann jetzt gegen Trump sein, aber wo sind eigentlich die selbsternannten Freiheitskämpfer? Oder gilt die freie Meinungsäußerung für Trump nicht mehr, weil er unbequem wurde? Auch dies zieht wichtige Fragen nach sich.

Vielleicht noch ein anderer Aspekt: Wenn Trump wegen Aufwiegelung, Gewaltanstiftung und Lügenverbreitung gesperrt wurde, warum werden an anderer Stelle solche Sachen einfach stehen gelassen? Denn nach diesen Maßstäben müssten zahlreiche Extremisten aus rechtem und linken Lager dauerhaft gesperrt werden. Und das passiert auch nicht.

Und wie ist das mit der Verhältnismäßigkeit? Wenn Eltern ihr 2-Jähriges Kind am Strand Nackedei Spielen lassen, ein Foto machen, und dieses Foto in der Cloud sichern, dann wird der Account dieser Eltern gesperrt – wegen Kinderpornographie. (Das passiert hier übrigens nicht!) Ein Trump, der seit vier Jahr Fakenews und Co verbreitet, der darf fleißig seinem Tagesgeschäft nachgehen? Wo ist also die Verhältnismäßigkeit?

Ich denke, man kann das nur ändern, wenn man selbst bereit ist, diese Dienste nicht mehr zu nutzen, Denn je weniger Nutzer, desto geringer der Machtanspruch. Das werden wir aber nicht schaffen, denke ich. Schon allein deshalb nicht, weil sich solche Plattformen nicht kostenlos betreiben lassen.

Als ersten Schritt müssten wir von der gelebten kostenlos-Kultur weg. Und das dürfte sehr schwer werden.