Realpolitik

Von | 13.10.2019
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Realpolitik definiert, so glaube ich, jeder für sich selbst. Man kann also der Meinung sein, man richte sein politisches Gedankenspiel immer um die Realität herum aus. Wenn man aber in einer Gedankenblase steckt, dann könnte die Realpolitik ganz anders aussehen, als die Realität.

In Deutschland hat das dazu geführt, dass der Umwelt- und Klimaschutz eine deutliche Absage bekommen hat. Das hat Folgen. Primär jedoch nicht für das Klima – das ist eher eine Langzeitfolge – , sondern es wird problematisch für die deutsche Wirtschaft. Kurzfristig. Ich spreche hier von Monaten, vielleicht von wenigen Jahren.

Wie auch immer. Tatsache ist, dass der Export von deutschen Autos bisher stabil, oder gestiegen ist. Zwischen 2010 und 2017 wurden stets zwischen 4 und 4,4 Millionen Autos exportiert. 2018 waren es dann nur noch 3,99 Millionen Fahrzeuge. Ein leichter Dämpfer. Das muss aber noch nichts bedeuten. Vor 2010 lag der Export stets oberhalb der 3 Millionengrenze – und das seit 1998.

1993 hat Deutschland 2,08 Millionen Fahrzeuge exportiert. Der tiefste Stand, gemessen ab dem Jahr 1990. Das kann man alles auf Statista einsehen.

Ohne jeden Zweifel sind das beeindruckende Zahlen. Die Zahlen sind die Realität. Und das sind jetzt nur jene Autos, die exportiert worden sind. Da sind also die Autos für den deutschen Markt herausgerechnet. Auch das ist Realität.

Tatsache ist also, dass Deutschland mit zu den größten Umweltsündern zählt. Wir exportieren das Equipment, um das Klima nachhaltig zu schädigen. Diese Tatsache wird uns mit den Jahren zum Verhängnis werden. Die Chinesen haben das Problem längst erkannt. China baut abgasfreie Fahrzeuge, stampft die Kohlekraftwerke ein, und investiert in Umwelttechnologien. In keinem anderen Land auf der Erde wird derzeit so viel für das Klima getan, wie in China.

In Deutschland wurde die Solarbranche bereits – nicht nur politisch -zerstört. Im Windkraftsektor wandern die Unternehmen ins Ausland ab. Wir, also wir als Deutschland, werden weder abgasfreie Autos exportieren, noch andere Umwelttechnologien. Wir haben nichts im Portfolio, was die Welt in den nächsten Jahren als Massenprodukt brauchen wird.

Die heutige GroKo hat noch nicht verstanden, was da auf der Welt gerade passiert. Wir sind auf die kommenden Umstände nicht mal ansatzweise vorbereitet. Es gibt keine Alternative zur Autoindustrie.

Wir müssen Mobilität neu denken, und Veränderung erst im Kopf, und dann auf der Straße zulassen. Vielleicht ist das Konzept Auto als solches auch überholt? Vielleicht muss es auch nur neu erdacht werden? Zur Realität gehört, dass die Grundprinzipien sich beim Auto seit seiner Erfindung nicht geändert haben – der Mensch und die Gesellschaften als Ganzes aber schon.

Beachtet man die Bewegung „Fridays for Future“, dann müssen wir einsehen, dass im September die nachrückende Generation – mindestens aber 1,4 Millionen Deutsche – ein anderes Verhalten an den Tag legen könnte, als es zum Beispiel meine Generation heute macht. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass diese anders denkende Generation weniger werden wird. Eine nachwachsende Generation könnte Deutschland seine Kaufkraft verweigern.

Die Politik stellt sich bislang schützend vor die deutschen Autobauer. Der Fahrdienstleister Uber wird in Deutschland maßgeblich behindert. Elektroautos aus China dürfen wir hier nicht kaufen. Und die Zulassung eines Tesla dauert in Deutschland Wochen, weil man durch die Behörden schikaniert wird. Wasserstoff hat kaum Chancen, weil das Versorgungsnetz ähnlich desolat ist, wie bei der Ladeninfrastruktur der eAutos. Technologieoffenheit sieht zweifellos anders aus. Und eigentlich sollte doch die Konkurrenz das Geschäft beleben – aber nicht in Deutschland? Eine freie soziale Marktwirtschaft sieht anders aus – denke ich.

Um den Bogen zurück zur Realpolitik zu bekommen, muss man die Frage stellen, welche Parteien diese Aufgabe bewältigen können. Wer hat den Blick nach vorn, und stellt sich der Realität? Wer hat das Rückgrat, mutig in die Zukunft zu gehen, und Deutschland auf Kurs zu bringen?

Nein, es ist sicher nicht die FDP. Die ist noch mit Diesel und Kohlekraft beschäftigt. Außerdem steckt die ehemalige Reform- und Ideenpartei in den Lobby-Sackgassen fest. Aber auch der Rest der Parteienlandschaft signalisiert Stillstand. Die rechten und linken Parteien wollen sogar gern noch zurück. So hundert Jahre oder so. Dann können wir alle zu Fuß nach Mallorca gehen, oder einfach zu Hause bleiben.

Aber Hand aufs Herz: Ein Partei die es machen will, wird alleine nicht reichen. Es braucht auch genug Zustimmung aus der Bevölkerung dazu. Und auch hier muss ich sagen, dass ich da wenig Wille sehe – die Kinder und jungen Erwachsenen hier jedoch explizit ausgenommen.