Wenn die Küste wüßte, …

… was ich hier gleich schreibe, würden sie vermutlich an die Decke gehen – oder sie sagen „nö, alles gut“.

Aber alles der Reihe nach. Der aufmerksame Leser dieses Blogs kennt meine Höflichkeit gegenüber anderen Völkern. Das gilt natürlich auch für die Bewohner der Nordseeküste. Als echte Kieler Sprotte erlaube ich mir jetzt ein paar offene Worte. Denn ich denke, das die nachfolgenden Situationen zwar auf den ersten Blick hin lustig erscheinen, aber eigentlich die knallharte Realität wiederspiegeln. Deshalb sei der ausdrückliche Hinweis gestattet, das der nachfolgende Inhalt auf Tatsachen beruht und nichts daran beschönigt wurde.

An der Nordsee zwischen Saft, Fruchtfleisch und Vitaminen

In unserem 4-Sterne Hotel glaubte ich einst, das dort nur schlaue Leute nächtigen. Allerdings hörte ich folgenden Dialog, der mich dann an meiner Annahme zweifeln lies:

  • Er: „Da ist ja noch Fruchtfleisch in deinem Glas.“
  • Sie: „Ne, das mag ich ja. Da kommt gleich noch Wasser drauf, dann geht das.“
  • Er: „Ja, das ist ja richtig. Das kannst Du machen.“
  • Sie: „Ich mache das auch gleich. Ne, mich stört das nicht.“
  • Er: „Ja, dann ist das gut. Mach das mal, wenn Dir das schmeckt.“
  • Sie: „Ne, dann mach ich das mal, und dann geht das hier gleich los.“
  • Er: „Aber dann schwimmt das Fruchtfleisch ja im Wasser. Magst Du das?“
  • …….

An anderer Stelle – und anderen Personen – standen die Vitamine im Mittelpunkt.

  • Er: „Ich mag kein Fruchtfleisch.“
  • Ich: „Warum kaufst Du dann Saft mit Fruchtfleisch? Den gibt es auch ohne.“
  • Er: „Das muss so sein. Das Fruchtfleisch gibt ja die Vitamine in den Saft ab. Und die brauch ich ja.“
  • Ich: „Und das Fruchtfleisch?“
  • Er: „Ja, das kommt dann weg. Das trinkt doch keiner mit.“

Unfall mit 50km/h

Wer schon mal mit dem Auto durch Niedersachsen gefahren ist, der wird auf der Landstraße etwas feststellen, das es woanders nicht so oft gibt. Mal kann man schnell fahren, mal langsam. Ohne jeglichen Grund werden die Geschwindigkeiten zwischen 30km/h und 100km/h rauf und runter geregelt. Selbst mit einem Hybridfahrzeug lässt sich da nicht Umweltorientiert fahren.

Aber: Gerade an den Streckenabschnitten, an denen Schleichfahrt angesagt ist, können die meisten Unfälle beobachtet werden. In einer 50km/h-Zone einer weitgezogenen Kurve, die gut einsehbar ist, baut der Niedersachse einen Unfall und rollt in den Straßengraben.

Kein Geld

Nimmt man sich Zeit, und beobachtet das Tagesgeschehen, dann kann einem schon das eine oder andere Gespräch begegnen, bei dem zumindest ich nur den Kopf schütteln kann.

  • Frau 1: „Ne, er hat keine Lust auf den Lehrberuf, sagt er.“
  • Frau 2: „Naja, wenn das nichts für ihn ist, dann ist es ja gut, das er aufgehört hat. Aber was macht er jetzt?“
  • Frau 1: „Ne, äh, er macht jetzt erstmal nichts. Und dann sieht er mal weiter.“
  • Frau 2: „Das ist ja auch mal ganz schön, wa?“

Das kann man aber noch locker flockig toppen. Im Kieler Hafen kann man auf dem Dach des Gebäudes der Stena Line eine grandiose Aussicht genießen. Die Gespräche stehen der schönen Aussicht aber in nichts nach.

Eine Frau am Handy erzählt:

  • „Ne, wir sind Kiel“
  • Pause
  • „Ne, auf dem Dach“
  • Pause
  • „Wir gucken uns an, was wir uns nicht leisten können“
  • Pause

Bei sowas kriege ich `nen leichten Frustanfall. Denn die könnte ja mal arbeiten gehen. Aber mit dem Arbeiten haben die da oben es nicht so. Wenn man sich mit der Bevölkerung da oben intensiver auseinandersetzt, kann einem schon der Gedanke kommen, das man dort oben bevorzugt vom Sozialamt lebt.

Am Ende nach jedem Gespräch wird einem dann vorgeworfen, das man aus Bayern kommt. Und Bayern ist ja ein reiches Land. Aber nur weil Bayern ein reiches Land ist, bedeutet das nicht höhere Hartz-4 Beträge. Wir in Bayern gehen jeden Tag arbeiten.

Intelligenz ist nicht immer klar ersichtlich

abriss

Es ist klar: Hier will jemand sein Boot verkaufen. Um es Interessierten zu erleichtern, stellt er einen Abriss zur Verfügung. Das ist auch praktisch und zeugt von gewisser Intelligenz. Denn nicht jeder hat etwas zum Schreiben dabei.

Trotzdem gibt es hier etwas, das zu einem Problem wird. Der Zettel, den man abreißen möchte, befindet sich hinter einen Glasscheibe. Also: Erst Scheibe einschlagen, dann Zettel abreißen ……

Internet? Telefon? Alles Zukunftsmusik!

Das Thema Internet ist im nördlichen Deutschland noch immer etwas, das einen „Besonderheitsstatus“ besitzt. Wie man in einem Gespräch zum Mittagstisch belauschen konnte ….. „mein Nachbar, der hat jetzt dieses Internet ….“. Ich hob reflexartig die Augenbrauen und sah mich um. Der Tonfall war nämlich so, als wäre das Internet gerade erst erfunden worden. Ich glaube, wenn ich dem mein Smartphone mit dem Hinweis dass das Internet jetzt sogar im Hosentaschenformat verfügbar ist, auf den Tisch gelegt hätte … der wäre aus dem Staunen gar nicht wieder raus gekommen.

Aber gut. Es ist ja wie es ist. Aber an der Küste ist es echt schlecht. Von meinem bayrischen LTE bleibt eigentlich meist nur ein „E“ übrig. Abgesehen von Friedhöfen und Kirchen. Hier gibt es meistens LTE. Achtet mal drauf – ist wirklich so.

Ansonsten ist die Netzabdeckung eine einzige Katastrophe. Es gibt sogar Funklöcher, da kann man nicht mal telefonieren. Die Funklöcher sind so groß wie der Jadebusen. Wer da eine Panne hat, der kann die Pannenhilfe nicht mal anrufen. Der muss darauf hoffen, das jemand vorbeikommt, und das Festnetz gleich mitbringt.

Soziale Kontakte

Die Nordlichter sind ein soziales Volk. An einem Geburtstag hört man schon mal Sachen wie „Mein Nachbar hatte nichts zu tun, und da habe ich den jetzt mal mitgebracht. Ist doch ok, ja?“ Und dann kommt als Antwort „ne, alles gut.“

Ist man zum Essen eingeladen, kann man auch locker mal fragen „kann ich noch zwei Mann mitbringen?“. Die Antwort ist selbstverständlich „ja“.

Aber eines muss ich gestehen: Die Dummheit an der Küste lullt einen ganz schnell ein. Nach nur vier Tagen ertappte ich mich bei folgender Konversation im Dampfbad:

Sie: Ein ältere Dame trat ein und fragte: „Haben Sie hier schon die Bank mit Wasser gespült?“

  • Ich: „Ja `tülich. Kann man ja gleich machen, wenn man da rein kommt.“
  • Sie: „Das ist ja schön.“
  • Ich: „Ja nä? Sonst holt man sich hier noch was, was man gar nicht haben mag.“
  • Sie: „Ne, das muss ja nicht sein.“
  • Ich: „Ne, das muss nicht. Das braucht keiner.“
  • Sie: „Ne, das wollen wir ja nicht haben.“
  • Ich: „Nä! Das wollen wir nicht.“
  • Sie: „Aber so ist ganz schön hier.“
  • Ich: „Ja das ist das hier.“

Und immer alles in diesem angehauchten platten Deutsch.

Szenenwechsel. In Hamburg standen wir an der Ampel. Dabei konnten wir zu unserer Linken beobachten, wie ein alter Mann mit seinem Rentnerporsche laaangsam über die Straße schlich. Endlich auf der anderen Seite angekommen, stützte er sich auf den grauen Elektrokasten. Ich dachte der wäre fertig. Alle Kräfte aufgebraucht.

Aber nein. Der holte seinen Lümmel raus, und pinkelte vor vollem Publikum an den grauen Stromkasten. Von der Rückbank hörte ich nur „… tja, wenn er mal muss? Was soll er machen?“.

Aber jetzt mal im ernst. Die Nordlichter sind nicht nachtragend. Sie tragen einem nichts nach. Nicht mal den Einkauf. Das hält sie aber nicht davon ab, sich gegenseitig auf die Nerven zu gehen.

Schön. Nochmal Szenenwechsel. Wir wollten am Abend den Grill anschmeißen. Also war Einkaufen angesagt. Und wir kauften auch Sachen für einen Salat. Unter anderen waren da Lauchzwiebeln dabei. An der Kasse nahm die Kassiererin die Lachzwiebeln so unglücklich, das sie zwei grüne „Blätter“ abriss. Sie fragte mich allen ernstes, ob sie mir die Dinger extra einpacken soll. Ich sagte natürlich „Nein, wegschmeißen. Ist egal.“ Sie bohrte dann noch zweimal nach. Und ich war dann schon wieder auf 180! Wegschmeißen! Ende!

Wir haben gerade Grillgut gekauft, die Kassiererin überlebt, und wollten den Supermarkt verlassen. Da fing es an zu Regnen wie aus Eimern. Der Parkplatz war ruckzuck geflutet. Und im Eingangsbereich trafen sich zwei, die sich offenbar nicht kannten.

  • Er 1: „Sie sind aber ganz schön groß.“
  • Er 2: „Jo, Sie aber auch.“
  • Er 1: „Ja, da müssen wir aufpassen, das wir nicht noch größer werden.“
  • Er 2: „Ne, ich mein wir wachsen nicht mehr.“
  • Er 1: „Dann gratuliere ich ihnen, das sie nicht mehr wachsen.“
  • Er 2: „Ja, Gleich so, nä.“

Beide schütteln sich die Hand …

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So, das war es jetzt erst mal. Wir haben noch mehr Wahnsinn erlebt. Aber das muss für heute reichen.