Es geht nicht nur mir so

Ich habe die Piratenpartei nicht gewählt, als ich am Sonntag die Chance dazu hatte, die „Computerpartei“ politisch zu unterstützen. Obwohl ich selbst ein „Computermensch“ bin, kann ich die Partei nicht wählen. Hätte ich die Piraten gewählt, würde ich nicht nur mehr Datenschutz und klarere Regeln für das Internet fordern, sondern ich würde auch dafür stimmen, mich zu enteignen.

Die Piratenpartei fordert nämlich, das alle Texte, Bilder und sonstige Inhalte wild kopiert und an anderer Stelle weiterverbreitet werden dürfen. Der Autor, bzw. Hersteller des Contents bekommt nichts für seine geleistete Arbeit.

Einzige Ausnahme: Die Inhalte, welche käuflich erworben werden müssen, dürfen nicht frei kopiert werden. Mit anderen Worten: Wäre ich für Piratenpartei, dann würde ich mich als Autor selbst enteignen, da meine Texte ohne Paywall (wie es neuerdings so schön heißt) lesbar sind. Als Autor von weit über 1.000 Texten wäre das fatal, wenn ich arbeite wie ein Vieh, und andere kopieren einfach die kompletten Inhalte.

Die Paywall (= Bezahlschranke) hätte außerdem eine verehrende Wirkung auf meine Onlineangebote. Denn in Deutschland erwartet der Nutzer, den Content (= Inhalte) kostenlos zu bekommen. Für Artikel oder Kurzvideos würde er nie bezahlen. Die Besucherzahl würde also rapide sinken, weil sich das natürlich rumspricht, das ich mir „eine goldene Nase“ verdiene, weil ich es wage für andere zu denken und Texte zu verfassen. Die Neiddebatte hätte dann außerdem zur Folge, das meine Inhalte nicht mehr woanders verlinkt würden, da sie nicht mehr frei einsehbar wären.

Der Aufmerksame Leser hat es jetzt schon bemerkt: Die Piraten haben keine Ahnung von den Folgen ihrer Forderungen. Nun, die meisten Piraten denken auch nur von Null bis eins – eben nur digital.

Die heutige Vielfalt im Netz basiert zu zwei Drittel auf Angeboten, welche irgendjemand neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit realisiert. Ob das nun Foren, Websites oder Blogs sind ist egal. Die meisten Angebote sind das, was in der deutschen Wirtschaft unter dem Begriff „Mittelstand“ verstanden wird.

Gerade jener „Mittelstand“ sieht sich in Deutschland immer wieder grotesken Forderungen und Beschimpfungen ausgesetzt. Es kommen zu selten neue News, es wird zu viel Werbung eingeblendet, ein Rechtschreibfehler sorgt für übelste Beschimpfung auf den Autor, eine andere Website hat eine News schon viel früher publiziert, und so weiter … und so weiter. Die Liste der Kritik ist ewig lang. Die Macher von WPArea haben dazu kürzlich etwas geschrieben, und sich ihrem Ärger Luft gemacht – und sie haben Recht!

Was die Nutzer nicht wissen (wollen), ist die Arbeit, die in jedem Artikel steckt. Ein guter Artikel dauert etwa zwei bis vier Stunden. Ist die Quelle anderssprachig, also nicht deutsch, dann dauert es noch mal zwei Stunden länger. Guter Journalismus braucht seine Zeit. Zeit, die kaum ein Nutzer bereit ist, zu bezahlen. Nicht umsonst bastle ich fast nur am Wochenende für meine Websites. Und ein Privatleben habe ich ja auch noch. Aber auch das will der Nutzer nicht hören …

Guter Journalismus kostet Zeit. Und wer dies nur „nebenbei“ macht, weil er auch selbst (so wie ich) Spaß daran hat, dann ist es wenig förderlich, wenn man den Autoren beschimpft oder sonst wie attackiert. Grundsätzlich sollte sich der Kritisierende mal darüber Gedanken machen, ob er ein erheblich besseres Onlineangebot auf die Beine stellen kann. Und bitte nicht nur „kann“, sondern dann auch macht. Konkurrenz belebt das Geschäft – zweifellos.

Während sich die breitere Masse der Nutzer über gute Arbeit beschwert, hat sie etwas gefunden, was ihr offenbar besser gefällt. So gibt es eine Website, die von dem Begriff „Journalismus“ extrem weit weg ist, und trotzdem jede Menge Zulauf erhält. Netzwelt.de hat die Seite etwas genauer beleuchtet und einen Kommentar dazu verfasst, den ich nur jedem empfehlen kann.

Mein persönliches Fazit sieht jetzt so aus, das ich nicht alleine mit den Problemen bin, da andere sie auch haben – und sich auch ab und zu dazu äußern.