Ein neues Lebensgefühl – als Festangestellter

Seit etwas über einem Jahr bin ich nun raus aus der Zeitarbeit. Zuvor war ich sieben Jahre lang in der Zeitarbeit gefangen. Sieben Jahre Hungerlohn, unzählige Firmen und Geldnot standen an der Tagesordnung.

Viele Monate waren dabei, da konnte ich nicht mal die Miete zahlen. Und Nahrungsmittel waren auch immer knapp. Oft gabs auch einfach nichts zu essen, weil es einfach nicht im Budget drinnen war. Und Urlaub? Pah!! Die Urlaubstage wurden von den Zeitarbeitsfirmen verplant und nicht von mir. Davon abgesehen war ich selten lange genug in einer Zeitarbeitsfirma, als das ich dann auch Urlaubsanspruch gehabt hätte. Überstunden durfte ich gerne machen. Die wurden dann bei der Kündigung ausbezahlt, oder mit der „Freistellung“ verrechnet.

Die Zeitarbeitsfirmen haben nichts bei mir ausgelassen. Zu wenig Lohn, gar kein Lohn, Lohn zu spät überwiesen, Mobbing der übelsten Art, unmenschliche Behandlung, Versprechen wurden nie eingelöst (abgesehen von Kündigungsversprechen versteht sich).

Die Existenzangst ist als Zeitarbeiter mein ständiger Begleiter gewesen. Ich wusste nie wie lange ich noch Arbeit habe und was danach kommt. Meine Zukunftsplanung dauerte genau so lange, wie meine vertragliche Kündigungsfrist – maximal 4 Wochen.

Als Zeitarbeiter ist man nicht nur Arbeitnehmer zweiter Klasse, sondern auch kein Mensch. Man wird als Objekt, als ein „Ding“ betrachtet. Und genau so wird man dann auch behandelt. Als Sachgegenstand. Und wenn er nicht mehr funktioniert oder nicht mehr gebraucht wird, dann wird er weggeworfen. Einfach so.

Seit etwas mehr als einem Jahr bin ich kein Zeitarbeiter mehr. Ich verdiene inzwischen über 60% mehr. Das Geld kommt immer pünktlich. Die Gehaltsabrechnungen stimmen immer. Mobbing gibt es nicht. Versprechen und Abmachungen werden eingehalten. Und meinen Urlaub nehme ich dann, wann ich das will. Ein Traum geht in Erfüllung.

Bisher hatte ich mich dagegen gewehrt mich mit anderen Kollegen näher bekannt zu machen. Als Zeitarbeiter lernt man ganz schnell, das man sich von den anderen „Kollegen“ fern hält. Man ist nicht lange genug da, um bei denen im Gedächdnis zu bleiben. Denn Zeitarbeiter sind eine Wegwerfware. Heute da, morgen weg. Aber jetzt entdecke ich als Festangestellter, das ich Kollegen habe, die auch da bleiben und da sind. Und die behandeln mich auch wie einen Kollegen, und nicht wie ein „Ding“ das eh nur stört. Es fällt mir sehr schwer, das als Zeitarbeiter antrainierte Verhalten wieder abzulegen.

Geldsorgen habe ich keine mehr. Keine Existenzängste. Selbst große Rechnungen haben ihren Schrecken verloren.

Und seit kurzem gibt es etwas ganz neues. Etwas das ich vorher nie hatte. Ich habe seit kurzem das erste Mal in meinem Leben wieder Zukunftspläne. Sowas war mir bisher fremd geblieben. Ich habe Zukunftspläne und Wünsche, ich mir sogar erfüllen kann. Träume müssen nicht mehr nur Träume bleiben. Ich kann sie realisieren.

Ich möchte nie wieder zurück in die Zeitarbeit. Auf keinen Fall!

Ein Gedanke zu „Ein neues Lebensgefühl – als Festangestellter

  1. Dita

    7 Jahre Leiharbeit ist viel. 15 Jahre doppelt soviel. Und die habe ich jetzt auf dem Buckel.
    Fest angestellt sein im sogenannten Osten ist leider oftmals nicht viel.Ich habe als Leih-
    arbeiter manchmal mehr verdient als die Festangestellten, bis Schröder,Clement und Konsorten die Macht hatten. Mit der Regierungsmacht und der Beliebigkeit des DGB habe ich in den letzten 10 Jahren 0,5 Rentenentgeltpunke/Jahr sammeln dürfen. Nicht,
    dass ich keinen Beruf hätte, im Gegenteil, ich bin Ingenieur. Aber leider immer zu alt mit
    heute 58 Jahren.(Soviel zum Ingenieursmangel) Im Osten braucht keiner Festange-
    stellte. Seit 2004 können alle Ossis vom 16. bis zu 67igsten Lebensjahr Leiharbeiter
    bleiben.
    Lebensgefühl, Lebensplanung,Integration in den Arbeitmarkt, wen interressiert das?
    Unsere Regierung jedenfalls nicht.
    Ich freue mich für Dich, das Du es geschaft hast , Festangestellter zu werden.
    Und noch einen Hinweis. Es gibt laut Gesetz keine Zeitarbeit in Deutschland sondern
    nach AÜG nur Leiharbeit.

Kommentare sind geschlossen.