Oberbürgermeister Thomas Reiter (SPD) hat letztes Wochenende das Oktoberfest 2022 eröffnet. O’zapft ‚is. Auch der bayrische Ministerpräsident Marcus Söder (CSU) war dabei. Die Wies’n ist damit das Superspreader-Event schlechthin. Millionen Menschen werden kommen. Hundertausende werden sich infizieren – und zahlreiche Ungeimpfte werden den Besuch mit ihrem Leben bezahlen – ohne Zweifel wird es so laufen. Trotzdem ist die Wies’n 2022 in Ordnung. Finde ich.
Klar, alle vorhergehenden Volksfeste hatten eine Infektionswelle nach sich gezogen, die steil nach oben ging. Viele haben sich angesteckt, viele waren Tage und Wochen krank und einige sind verstorben. Viele Überlebende haben heute LongCovid. Das wird beim Oktoberfest 2022 nicht anders sein. Der einzige Unterschied dürfte die Welle selbst sein. Sie wird statistisch so sein, dass die Zahlen explodieren.
Medizinisch gesehen ist es ein Massenexperiment mit staatlicher Erlaubnis. Jeder darf teilnehmen. Viele werden teilnehmen, obwohl sie es nicht wollen, aber die Infektionsketten werden ihren Weg finden. Auch zu denen, die der Wies’n fernbleiben. München und München Land werden der ultimative Corona-Hotspot in Deutschland.
Viele Unternehmen werden wegen hoher Infektionszahlen nicht mehr arbeitsfähig sein. Geschäfte werden schließen müssen. Die Arztpraxen sind überlaufen. Krankenhäuser füllen sich landesweit von heute auf morgen. 10.000e brauchen medizinische Hilfe. Das Gesundheitssystem könnte lokal kollabieren. Kitas und Schulen werden dicht gemacht, weil Lehrkräfte, Erzieher, Kinder, … alle krank werden. Der Gasverbrauch wird steigen, weil die Krematorien wieder sieben Tage die Woche Corona-Leichen verbrennen müssen.
Trotzdem: Ich finde, dass die Wies’n stattfinden sollte. Und genau das passiert schließlich auch. Zum einen ist es ein spannendes Experiment, was der Deutsche Ethik-Rat nie im Leben erlauben würde, und zum anderen muss klar sein: Wer will, hätte sich impfen lassen können.
Ethik
Die Wies’n ist ein medizinisches Experiment. Wir können wohl davon ausgehen, dass die Wissenschaft das Ganze mit (medizinischer) Begeisterung beobachten wird. Eine Massenveranstaltung während einer laufenden Pandemie, trotz statistisch so vieler Corona-Tote wie noch nie zuvor. Und das bei einer Regierung, die das Virus schwach redet, und keinerlei Schutzmaßnahmen umsetzen will. Die Ampelregierung setzt auf „Eigenverantwortung“. Sie setzt also auf das Instrument, was in Deutschland noch nie funktioniert hat.
Die Lokalpolitik (SPD) braucht dringend das Geld, was das Fest generiert, und die Landespolitik braucht es als Bühne für den anlaufenden Landtagswahlkampf.
Der Ethik-Rat hätte einem solchen Experiment niemals zugestimmt, weil es tausende Tote zu beklagen geben wird. Wissenschaftlich ist der Ethik-Rat aber raus, weil die Politik das so entschieden hat, und weil es offiziell natürlich kein Experiment ist. Aber genau diese Rahmenbedingungen wird es für die Forschung so interessant machen. Denn die Situation ist quasi eine unberührte und natürliche Situation, aus welcher eine Katastrophe hervorgehen wird. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse werden zweifellos mit Blut geschrieben werden, aber die Erkenntnisse sind wissenschaftlich gesehen dafür umso wertvoller.
Wie viele Tote gibt es? Wie gut schützt die Impfung? Stresstest für das Gesundheitssystem! Was sind die Folgen einer Pandemie, wenn man nichts dagegen unternimmt? Wie reagiert die Gesellschaft? Welche wirtschaftlichen Folgen wird es geben? Wird eine Durchseuchung der Ungeimpften die Pandemie stoppen? Und so weiter … wir werden hier in München ganz genau beobachtet.
Besonders Interessant werden die Statistiken, weil die Schnelltests ja nicht zählen. Es kommen nur die PCR-Tests in die Statistik. Die zu erwartende Dunkelziffer würde vermutlich jede Scala sprengen, würden wir sie statistisch erfassen.
Interessant hierbei: Steckt man sich in der Arbeit oder Schule an, und kann das mittels PCR nachweisen, hat man Anspruch darauf, dass die Berufsunfallversicherung einspringt und die Folgen durch Corona von der Unfallversicherung abgedeckt sind. Gilt auch für Schüler, aber nachdem man mittlerweile auch bei vielen Ärzten auf seinem Recht auf einen PCR-Test bestehen muss wird es wenige geben, die ihre Ansprüche durchsetzen werden und so auf den Kosten privat sitzen bleiben werden. Was hier – gerade volkswirtschaftlich – noch auf uns als Gesellschaft zukommt, ist bei weitem noch gar nicht absehbar.
Spannend, spannend, spannend, sag‘ ich nur.
Lass dich impfen
Jeder, einschließlich Kinder, kann sich gegen Corona impfen lassen. Und genau deshalb ist es auch okay, wenn man als Geimpfter auf die Wies’n geht. Die letzte Wahrheit ist doch, dass die eigentlichen Probleme von Ungeimpften losgetreten werden. Dafür muss ich kein Wissenschaftler sein. Das haben die letzten 2,5Jahre gezeigt. Wenn man solche einfachen Zusammenhänge nicht erkennt, dann gehört man eh in Behandlung. Meist in psychiatrische Behandlung versteht sich.
Es kann auch nicht sein, dass die Geimpften sich und andere schützen, und trotzdem sich weiterhin isolieren, nur um die Ungeimpften zu schützen. Die Ungeimpften haben ihre Gesundheit selbst in der Hand. Und sie haben sich bewusst für das Corona-Virus entschieden. Ganz bewusst. Ungeimpfte Corona-Tote sind nicht zu bedauern oder zu beklagen. Sie haben sich so entschieden. Ebenso gilt das für Ungeimpfte mit LongCovid. Sie haben sich für die Folgen der Corona-Infektion entschieden. Ganz bewusst und mit voller Absicht. Selber schuld.
Ich nicht
Nein, ich besuche die Wies’n nicht. Ich war die letzten 20 Jahre nicht. Und dieses Jahr kann ich auch aus guten – weiteren – Gründen darauf verzichten. Meine Teilnahme an dem Experiment beschränkt sich darauf, dass wir nachsehen werden, ob sich jemand anstecken kann, der sich freiwillig in Quarantäne befindet und fünf Mal geimpft wurde. Der einzige Ort an dem ich mich anstecken könnte, wäre in der Arbeit. Und da viele Kollegen die Wies’n besuchen werden, ist es besonders spannend was da so alles passieren wird und passiert.
Wer auf’d Wies’n geht, dem wünsche ich viel Spaß. Vor allem den Ungeimpften natürlich. 😉