Früher hat man mir gesagt, das eine gute Ausbildung der Schlüssel für einen beruflichen Erfolg ist. Also habe ich eine Ausbildung gemacht. Diese habe ich natürlich auch erfolgreich abgeschlossen. Und man möchte meinen, das ich jetzt die Basis für einen guten Start in das Berufsleben hatte.
Um es kurz zu machen: Die Basis führte mich auf direktem Weg in die Armut trotz Beruf. Die nächsten jahre war ich nämlich Zeitarbeiter. Und wer die Welt ab 2003 kennt, der weiß, das dies das Startschußjahr war, in dem der Boom der Leihbuden seinen Anfang hatte. Und es war auch die Zeit, in der Unternehmen grundsätzlich nur Billigkräfte aus der Zeitarbeit beschäftigt haben. Auf Kosten der Zeitarbeiter haben sich zahlreiche Zeitarbeitsfirmen die Taschen gefüllt. Der Gesetzgeber hat damals dann mit Hartz 4 einen draufgesetzt.
Trotz guter Ausbildung und später dann auch mit Berufserfahrung verdiente ich immer so um die 1.100 netto. Manchmal weniger als 1.100. In der Zeitarbeit werden Facharbeiter gerne genommen, jedoch bevorzugt in die Lohngruppe der Helfer gesteckt. Das sind dann nochmal 300 weniger Einkommen im Monat.
Heute, also 12 Jahre später, habe ich einen Freund, der verdient das gleiche wie ich. Ich bin heute kein Zeitarbeiter mehr. Ich arbeite inzwischen in einer Festanstellung – mit über zehn Jahren Berufserfahung. Mein Freund ist Helfer. Er fährt Gemüse und Obst durch die Gegend und bekommt dafür das gleiche wie ich.
Ich hoffe meine Eltern verzeihen mir die Frage, aber dennoch würde es mich interessieren, warum ich eine Berufsausbildung gemacht habe.
- Bekomme ich durch die Berufsausbildung mehr Geld? Nein.
- Habe ich ein geringeres Risiko in Krisenzeiten arbeitslose zu werden? Nein.
- Finde ich in Konjunkturzeiten schneller wieder einen Arbeitsplatz? Nein.
- Habe ich bessere Möglichkeiten Kredite zu bekommen? Nein.
- Hat mich die Ausbildung persönlich weitergebracht? Nein.
- … ? Nein.
Ich mache es kurz: Leistung lohn sich nicht. Es ist nämlich niemand da, der das würdigen oder gar bezahlen möchte.