Zeitarbeit früher und heute

Ich war quasi Zeitarbeiter seit der ersten Stunde der Arbeitnehmerüberlassung, als es mit der gesetzlichen Ausbeute unter Zustimmung der Gewerkschaften anfing. Aber ich will jetzt gar nicht schreiben, wie schlimm das alles war. Ich möchte auf etwas anderes hinaus.

Damals war die Sache ganz einfach. Da wurden die Jobs ausgeschrieben, ich habe mich beworben, dann ein Bewerbungsblabla und dann gings los. Obwohl ….. stopp. Wer hat aufgepasst? Es fehlt etwas. Der Arbeitsvertrag.

Doch, doch, das ist wichtig. Und gerade in einer windigen Branche wie der Zeitarbeit muss man alles schriftlich festhalten. Was Du nicht schriftlich hast, hast Du nicht. Im Klartext: Du hast einen Arbeitsvertrag bekommen. Je nach Zeitarbeitsfirma waren das zwischen zwei und vier Blätter. Und danach gabs noch ein „Merkblatt“ vom Arbeitsamt dazu. Mit maximal 5 Blatt Papier bist Du nach Hause gegangen. Der Rahmen war klar abgesteckt, und jeder wusste wo es lang ging.

Wenn Dir früher einer erzählt hat, er bekam sein Arbeitsvertrag in der Kneipe, an der Tanke, auf nem dunklen Parkplatz, …… jepp. Das war wirklich so. Weil es machbar war. Mein schönster Arbeitsvertrag wurde von mir und dem Zeitdantler in einer Bäckerei unterschrieben. Mit schön Kaffee, Brötchen, …. super.

Klar. Ich habe dann noch meinen Sozialversicherungsausweis, eine Mitgliedsbescheinigung der Krankenkasse, Steuerkarte (jaaaa, gabs früher) und ab und zu sogar ein polizeiliches Führungszeugnis nachgereicht oder mitgebracht. Das war alles nie ein Problem.

Soooo, und jetzt obacht: Zeitarbeit heute ……. geht nicht mehr eben mal schnell einen Arbeitsvertrag unterschreiben und los. Naaaaiiiiin, nix da!

Erstmal gibt es ein Blatt Papier mit einer Checkliste bzgl. noch fehlender Unterlagen.

Dann gibt es erstmal einen Personalfragebogen ….gut, den gabs früher auch. Hab ich vergessen. Der ist unsinnig, weil ….. wie ich heiße steht überall drauf. In der Bewerbung, im Lebenslauf, ….. aber guuuuuuuuut. Machen wir hier kein Fass auf, okay? Ist ja erst der zweite Zettel.

Dann gibt’s es jetzt einen Zettel, mit dem Titel „Richtlinien für Zeitnachweis“. Das ist also ein Zettel, da steht genau drauf, wie der Stundenzettel geführt wird, warum der geführt wird, und seine Wichtigkeit wird mehrfach betont. Dazu kommen noch Regeln wie z.B. wann der abzugeben ist, wem der abzugeben ist, dass man leserlich schreiben soll, und dass der unterschrieben werden muss … von mir und vom Kunden …. Ne, okay. Gelesen, unterschrieben, verstanden, akzeptiert. Alles gut. Jetzt …. arbeiten?

Nix da. Jetzt kommt ein Zettel für den Datenschutz nach §5 Bundesdatenschutzgesetz. Naja, also im Prinzip darf ich nur keine Firmengeheimnisse nach draußen tragen. Das ist normal. Das kann man unterschreiben. Das ist kein Problem. Gut, dann also Let`s go work?

…. okay, mach langsam. Jetzt bekomme ich erstmal Gesetzestexte in Kopie. Den Empfang bestätige ich. Keine Ahnung. Irgend so ein Datenzeugs ….den Gesetzestext verstehe ich nicht. Ich habe versucht ihn zu lesen …. lass mal stecken. Das ich nix klauen und rumerzählen darf ist eh klar. Also unterschreibe ich die Empfangsbestätigung ohne zu wissen, was da in den Paragraphen steht. Können wir jetzt arbeiten?

Jetzt geht es erstmal darum, dass die Leihfirma meine Daten benutzen darf. Damit die mir Briefe schreiben dürfen, mir mein Geld überweisen dürfen, …. solches Zeug eben. Jaaaaa, okay. Unterschreib ich. Alles andere wäre auch blöd.

Sorry, ich muss mal kurz auf Klo.

…. …. …. dumm di dumm …. …. ….

So, kann weiter gehen. Geht es auch sofort. Nämlich mit der Möglichkeit, dass man …. irgendwas wegen Altersvorsorge. Keine Ahnung. Verstanden habe ich das nicht. Die wollen Geld von mir, um damit meine Rente zu zahlen? Ne, habe ich dann abgelehnt. Ich weiß es nicht ….. jetzt arbeiten?

Jetzt muss ich einen Fragebogen zum Thema Arbeit und Gesundheit ausfüllen. Okay. Mach ich. Arbeiten will hier wohl keiner.

Gleich danach bekomme ich noch Informationen zum Arbeitsschutz. Hm, okay. Aber seien wir mal ehrlich: In meinem Beruf kenne ich mich aus. Mir muss so ein Leihdantler nicht erzählen, wo ich aufpassen muss. Ganz verschattet in der Birne bin ich auch nicht. Aber bitteschön. Ich bin friedlich. Ich …. wollen wir arbeiten?

Ne. Erstmal kriege ich eine Schulung für …. bidde für was? AGG? Allgemeines Gleichstellungsgesetz? Kein Witz. Ich kriege ne Schulung mit Teilnehmern und einem Test, ob ich verstanden habe, dass ich wegen meines dicken Bauchs benachteiligt werden darf, aber wegen meiner lockigen Haare nicht. Ich fange langsam an, darüber nachzudenken, wer sich so einen Scheiß ausdenkt. Ich würde ja gerne mal produktiv sein aber ….

…. jetzt bekomme ich erstmal eine Einführung in Urlaubsscheine und Gleitzeitscheine. Leuteeeeee, ich hab noch nix gearbeitet, aber wie man Urlaub nimmt weiß ich jetzt. Außerdem ist es völlig klar, dass man erst den Kunden fragt, dann den Schein ausfüllt, und dann von der Arbeit fern bleibt. Sag meeeerkt ihr noch was? Arbeiten?

Kein Flachs: Jetzt geht’s um die Arbeit. Ich …… ich ……. ICH soll den Einsatz bewerten. Die Zeitarbeitsfirma möchte eine Einsatzbeurteilung von mir. Gut. Aber nicht heute. Weil …. hier wird nix gearbeitet. Und vom Kunden kenne ich nur den Kaffee ….. und der war gut.

So, jetzt kommt das Merkblatt für Leiharbeiter. Jo. Das kenne ich schon. Kannste direkt abhaken, wenn wir jetzt Geld verdienen wollen.

Natürlich geht’s nicht zur Arbeit. Es gibt erstmal ein Antragsformular für Aus- und Weiterbildung. Ich lese es schon nicht mehr durch. Ich unterschreibe und bin eh schon fix und fertig. Wo war nochmal der Urlaubsschein?

Jetzt geht’s erstmal um die Branchenzuschläge. Was ist das, wie funktioniert das. Einen Test muss ich glücklicherweise nicht schreiben. Verstanden …? Na, die Zeitfirma wird schon wissen wie man da was ausrechnet. Ich fang da jetzt nicht auch noch an. Meine Güte ….. ich mag nach Hause. Ich mag nimmer. Echt net.

So. Und jetzt kommt das Empfehlungsformular. Empfehlungsformular? Empfehlungsformular? Alter! Das war Folter! Das empfehle ich doch niemanden! Bist Du deppert? Das ist ja Wahnsinn hier. Nix wird gearbeitet, aber Papier abheften, das könnt ihr.

Wenn ihr fertig seit mit eurem Scheiß, und arbeiten wollt, dann könnt ihr ja mal durchklingeln. Handynummer habt ihr ja!

Alter, ich scheiß die Wand an! Ich geh nach Hause.