Personalisierte Werbung

Von | 31.12.2014

Personalisierte Werbung ist schon toll. Die Unternehmen wissen immer was ich gerade jetzt kaufen soll. Ab und zu soll ich dann mal Weihnachten mitfeiern oder das hundertste Supersonderangebot wahrnehmen, das speziell für mich ganz allein gemacht wurde.

Ich bin aber ein schlechter Kunde. Den ganzen Aufwand den die Firmen betreiben, um mich zum Kauf zu zwingen bringen, sind gewöhnlich ergebnislos. Warum ist das so?

Wenn ich ein ganz persönlichen Brief bekomme, steht in der Adresse oft „Frau Christian Tietgen“. Also, ich bin ein Mann. Und „Christian“ ist zweifelsfrei ein Name für das männliche Geschlecht. Also wandert der Brief in den Müll. Ich empfinde es offen gesagt als Vernachlässigung meiner Person, wenn ich mit „Frau“ angesprochen werde.

Aber auch Onlinewerbung ist ja heute wahnsinnig durch meine Nutzung desselbigen stark kontaminiert. Das Internet weiß doch angeblich alles über mich. Das weiß wo ich wohne, wann ich mich wo im Netz bewege, wann ich zum Kacken gehe …. das Internet weiß alles und speichert alles und löscht niemals irgendwas. Aus diesen Daten ergeben sich dann „personalisierte Werbeblöcke“ die speziell auf mein Profil ausgerichtet sind – und mich zum Kauf bewegen sollen.

Was ist die Wahrheit? Ganz einfach: Die sog. „personalisierte Werbung“ ist für mich vollkommen uninteressant und damit zwecklos. Außerdem sehe ich dank Werbeblocker / Server- und Domainblocker so gut wie keine Werbung mehr. Selbst Spionagetool haben kaum noch eine Chance.

In Zeiten knapper Kassen, einer unweigerlich steigenden „Geiz ist geil“-Mentalität (im Internet) und der Furcht vor einem neuen Wirtschafts- und Börsencrash sind immer weniger Deutsche bereit im Internet Geld auszugeben. Die NSA-Affäre gibt dann auch dem letzten Kaufwilligen ein Argument, um lieber das reale Kaufhaus zu stürmen und dort ganz real mit realem Geld zu kaufen.

Ich weiß: In den Medien wird behauptet, das die Zukunft im Onlineshopping liegt. Je nachdem welches Forschungsinstitut oder welche Befragung man als „Beweis“ anführt, bleiben stets wichtige Detailfragen offen – ganz bewusst und zweckentsprechend.

Ich kenne auch einige – ich nenne sie mal „Mitteilungen“ – , die besagen, das personalisierte Werbung eine höhere Conversion bringt. Um das mal ganz offen zu sagen: Ich glaube das nicht. Und ich kann das beweisen.

Ich sage ganz klar: Personalisierte Werbung ist fruchtlos. Wenn ich mich auf einer Seite befinde, die Holzmöbel verkauft, und mir Werbung für ein Fahrrad anzeigt ….. kaufe ich wohl kaum ein Fahrrad. Würde ich ein Bike kaufen wollen, dann würde ich nicht in einem Möbelshop danach suchen.

Außerdem stellt sich mir da sofort die Frage: Warum macht ein Möbelshop Werbung für andere Shops? Das suggeriert mir als aufmerksamen Internetnutzer, das der Möbelshop eigentlich gar nichts verkaufen will. Also schleiche ich mich wieder. Kein Sale, kein Klick. Nichts.

Ich frage auch, ob „personalisierte Werbung“ wirtschaftlich ist. Denn sie setzt voraus, das ich sehr viel über meinen Käufer weiß. Und das bis ins letzte Detail. Ich muss also meinen Kunden erstmal ausspionieren, bevor ich ihm dann ein „passendes“ Angebot unterbreiten kann.

Ich muss meinen Käufer im ganzen Netz beobachten. Ich muss ihn zweifelsfrei wiedererkennen können, um weiterhin Daten über ihn sammeln zu können. Auch ist es erforderlich, ihn über verschiedene Geräte hinweg durchgehend zu beobachten. Desktop, Tablet, Smartphone … machen das Leben nicht immer leichter.

Der Aufwand ist sehr hoch. Und obwohl es genug Dienstleister gibt, die sowas „kostenlos“ anbieten, stelle ich mal eine weitere unangenehme Frage: Warum muss ich meinen potentiellen Käufer permanent bespitzeln? Welches Recht habe ich dazu? Und allein durch das ausspionieren meines geliebten Kunden habe ich noch kein Sale generiert.

Die Spionage kann dann herausfinden, das ich als Kunde in einem anderen Möbelshop etwas gekauft habe. Die komplette „Personalisierung“ war dann umsonst und vollkommen zwecklos. Und ich als Shopbetreiber habe noch immer nichts verdient. Aber das Unternehmen, welches Daten über meine Kunden erhebt, speichert und auch für mich weiterverarbeitet kann die Daten auch weiterverwenden.

Für Nicht-Techniker: Eine Rundumüberwachung erfolgt durch Cookies, durch Buttons von „sozialen Netzwerken“ (auch wenn sie nicht angeklickt werden), dem sog. „Fingerprinting“ und dergleichen. Eine totale Überwachung ist heute sehr einfach – einschließlich Geodaten versteht sich.

Es gibt noch einen weiteren Aspekt, außer dem, das ich als Möbelshop trotz Kundenüberwachung nichts verkaufe. Ich brauche jemanden, der sich mit dem Internet auskennt. Ich brauche jemanden, der Statistiken und Daten aufbereitet und dann Vorschläge macht, wie darauf zu reagieren ist und dann auch reagiert wird.

Die Vollautomatische Überwachung bringt nämlich nur etwas, wenn ich mit den gewonnen Erkenntnissen auch etwas anzufangen weiß.

Und dann wäre da noch der letzte Punkt: Wenn ich weiß, das ich Möbel verkaufe, warum muss ich meine Kunden ausspionieren und mir den Aufwand machen? Ich weiß doch, das meine Besucher nach Möbel gucken und ggf. auch selbige kaufen.

Die Sache sieht nämlich so aus: Wenn meine Werbung als Möbelgeschäft auf einer Fahrradseite angezeigt wird, bekomme ich bestimmt den einen oder anderen Besucher, der ein Fahrrad kaufen will, und dann auf mein Möbelshop gekommen ist … und dann doch das Fahrrad, und nicht die Kommode kauft. Als Werbetreibenden kostet mich das aber Geld.

Und hier kommt dann der ROI ins Spiel. ROI ist ein Freund des Unternehmens. ROI ist aber keine Person, sondern er ist das Verhältnis von (z.B.) Werbungskosten und Einnahmen die aus Werbung resultieren. ROI steht also für „Return Of Investment“.

Und der ROI ist dann auch die letzte Wahrheit in Zahlen, bevor der Sachverstand einsetzt. Und dieser Sachverstand sagt Dir dann früher oder später, das es keinen Sinn macht die Nutzer auszuspionieren, und das der ganze Aufwand letztlich zwecklos ist.

Und wie Onlinewerbung gut funktioniert und seinen Sinn erfüllt, das erzähle ich euch nächstes Jahr.

Einen guten Rutsch

🙂