Ethik und Online-Marketing

So gut wie alle Unternehmen, welche sich im Internet bewegen sammeln Daten. Die wohl besten Beispiele dafür sind Unternehmen wie Google und Facebook. Aber zahlreiche andere Unternehmen machen das auch. Teilweise werden User sogar über mehrere Endgeräte von ein und demselben Unternehmen regelrecht verfolgt. D.h. die Spionagetools sind so gut, das sie wissen, welcher PC-Besitzer, welches Handy besitzt. Einschließlich Surfverhalten, angewandte Technik (Handyhersteller, Browser, etc.).

Dazu gehören z.B. auch Trackingdienste und diverse Social-Community-Buttons auf Websites. Dadurch haben wir heute die Situation, das keiner mehr nachvollziehen kann, welches Unternehmen welche Daten über mich hat. Geschweige denn, wie sie verwendet und verwertet werden.

Und eben jenes Ausufern der Datensammelwut wirft eine wichtige Frage auf: Ist Onlinewerbung und das massive Sammeln von (persönlichen) Daten in ihrer heutigen Form ethisch vertretbar?

Vor kurzem sollte eigentlich eine EU-Richtlinie vor dieser Datensammelwut schützen. Sie ist bekannt als „EU-Cookie-Richtlinie“. Sie besagt nichts anderes, als das der User erst um Erlaubnis gefragt werden muss, wenn die Website auf seinem PC ein oder mehrere Cookies hinterlegen will. Und mit Cookies kann man User schließlich verfolgen.

Diese Richtlinie wurde dank guter Lobbyarbeit von großen Internetdiensten aufgeweicht. Denn obwohl diese Richtlinie gilt – und Gesetzescarakter hat-, reicht es, wenn beim Besuch der Website einmalig darauf hingewiesen wird, das Cookies zur Anwendung gebracht werden. Der User konnte sich vorher nicht schützen, und jetzt kann er dem auch nicht widersprechen … vier Jahre politische Arbeit sind für die Katz.

Die logische Folge: Die Daten werden weiterhin gesammelt, ausgewertet, verkauft, … .

Nachdem vor allem die Werbewirtschaft unter dem „Cookie-Verbot“ zu leiden drohte, stellt sich hier zunächst die Frage, ob Onlinewerbung auch ohne Cookies und ohne die Datensammlungen praktikabel ist. Die Antwort lautet natürlich, das dies möglich ist. Betrachten wir die verschiedenen Vergütungsmodelle, ist es bei keinem erforderlich zu wissen, auf welchen Websites der User vorher oder nachher war. Es ist auch nutzlos zu wissen ob es ein Mann oder eine Frau ist. Oder ob laut Datensammlung Kinder oder Tiere im Haushalt leben. Oder … oder …

Es gibt auch ausreichend anonyme Möglichkeiten, um herauszufinden, welche Zielseiten, Texte, Videos, Bilder, etc. für die User von häufigem Interesse waren. Es braucht auch hier keinerlei persönliche Daten zum Nutzer, um wichtige Aussagen einzuholen.

Wenn man das aber alles eigentlich nicht braucht, warum macht man das? Die Werbewirtschaft verspricht sich von „personalisierter Werbung“ höhere Umsätze. Außerdem sollen durch die ermittelten Daten die Websites an die Besucher angepasst werden – um mehr Umsatz zu genereieren. Letztlich geht es immer um den Verkauf von Produkten.

Die Sache hat nur einige Haken: Der Nutzer hat aufgrund der personalisierten Werbung nicht mehr Geld in der Tasche. Und die allermeisten Nutzer kaufen da ein, wo sie schon immer eingekauft haben. Sei es online oder offline.

Wer jetzt lange genug sucht, der wird natürlich auch Untersuchungen finden, die exakt das Gegenteil behaupten. Aber mit Behauptungen läßt sich eben kein Beweis anführen.

Ich bin seit 15 Jahren im Werbegeschäft tätig. Und ich behaupte nicht nur, das personalisierte Werbung zwecklos ist, sondern ich weiß es. Und aus eben jenem Grund ist die Erhebnung von persönlichen Daten abzulehnen – da sinnlos.

Der Gesetzgeber hat es bisher nicht geschafft etwas gegen die Erhebung von Daten zu unternehmen – und er wird es auch zukünftig nicht schaffen. Denn er will das gar nicht. Dank guter Lobbyarbeit.

Da also weder Gesetzgeber, noch die Werbe- und Datenindustrie weder Regeln hat, noch Reglementierung will, muss jeder Websitebetreiber für sich entscheiden, ob er als Helfershelfer fungieren will.